Verleihung des Demokratiepreises 2014 an Edward Snowden am Dagger Complex in Darmstadt
Der NSA Stützpunkt Dagger Complex bot am Samstag, den 14.06.2014 die Kulisse für die Verleihung des ersten „Preises für besondere Verdienste um Grundrechte und Demokratie“ an Edward Joseph Snowden durch das Bündnis „Demokratie statt Überwachung“.
Anlass der Preisverleihung war der Jahrestag der Enthüllungen Edward Snowdens, der im Juni 2013 die massenhafte Sammlung persönlicher Daten aus dem weltweiten Telefon- und Internetverkehr durch internationale Geheimdiensten wie die amerikanische NSA, den britischen GCHQ und den deutschen BND offengelegt hatte. Als Europazentrale der NSA war der Dagger Complex in Darmstadt als Ort der Preisverleihung mit Bedacht gewählt. Denn hier sammelt, wie jüngst das Nachrichtenmagazin Spiegel unter Bezug auf Snowdens Dokumente bekannt machte, die NSA im „engen Austausch“ mit deutschen Sicherheitsbehörden Kommunikationsdaten in Europa; darunter auch Daten, die für die „Tötung von Terrorverdächtigen“ verwendet werden.
Das Bündnis „Demokratie statt Überwachung“, in dem u.a. Attac Darmstadt, der DGB Stadtverband Darmstadt, der Chaos Computer Club, der NSA Spion Schutzbund und die Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen zusammen arbeiten, hatte sich ein halbes Jahr nach Edward Snowdens Enthüllungen gegründet und bereits im März 2014 am Dagger Complex gegen das Untergraben der Grundrechte durch Massenausspähung und gegen völkerrechtswidrige Drohnenangriffe demonstriert.
Zur Preisverleihung, die im Rahmen der traditionellen Samstagsspaziergänge vom Griesheimer Marktplatz zum Dagger Complex stattfand, hatten sich 60 Menschen eingefunden. In einer ausführlichen Laudatio von Michael Hennig wurden Snowdens Vita und die politische Bedeutung seiner Enthüllungen gewürdigt . Nach der Preisverleihung formulierte Frieder Haug Forderungen des Bündnisses zum Schutz der Demokratie.
Selbstverständlich war Edward Snowden eingeladen, den Preis für seine besonderen Verdienste persönlich in Empfang zu nehmen. Nur war ihm dies laut Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck aus Snowdens Beraterstab aus Sicherheitsgründen nicht möglich. So wurde der gläserne Pokal, der für Transparenz in einer Demokratie steht, auf einem leeren Stuhl platziert. Das Bündnis wird allerdings dafür Sorge tragen, dass dieser Preis Edward Snowden persönlich ausgehändigt wird.
Wie Michael Hennig in seiner Laudatio schilderte, war Edward Snowden zunächst für die CIA in der Schweiz tätig, bevor er für die NSA als IT-Experte arbeitete. Während seiner Tätigkeit bei der NSA hatte Snowden Einblick in die weltweite Datensammelpraxis der NSA, die auch amerikanische Bürgerinnen und Bürger betraf. Ausschlaggebend dafür, dass er die Massenausspähung öffentlich machte, war eine Falschaussage des Direktors der US-Geheimdienste James Clapper, der die Frage, ob die NSA auch millionenfach Daten von US-Amerikanern sammle, wahrheitswidrig vor dem amerikanischen Kongress verneinte.
Um den Preis der Gefährdung seiner bürgerlichen Existenz trat Snowden mit seinem Wissen über die geheimdienstlichen Praktiken an die Öffentlichkeit und machte sich damit in besonderer Weise um Demokratie und Grundrechte verdient. Er riskierte, hierfür nach amerikanischem Recht wegen Landesverrat verurteilt zu werden. Derzeit hat er noch bis August 2014 Asyl in Russland, sein künftiger Verbleib ist unklar. Anlass für Snowdens Enthüllungen war die Sorge um die Beschädigung der amerikanischen Demokratie. Doch brachte er damit zugleich das weltweite Ausmaß und die Konsequenzen geheimdienstlicher Bespitzelung ans Licht, so die anlasslose Massenüberwachung der deutschen Bevölkerung und – gravierender noch – die Vorbereitung von Drohnenangriffen außerhalb jeder Rechtsprechung.
Im Anschluss an die Preisverleihung prangerte Frieder Haug für das Bündnis die Bundesregierung an. Sie und die anderen staatlichen Organe seien untätig geblieben. Sie verstießen gegen ihren Amtseid, wenn sie nichts zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger täten. Das sei eine Grundrechtsverletzung durch Unterlassung. Statt den Schutz vor Überwachung zu garantieren, rüsteten sie die Geheimdienste auf, um die anlasslose flächendeckende Ausspähung zu perfektionieren. „Wenn die Bundesregierung ihr eigenes Grundgesetz nicht mehr ernst nimmt“ so Haug „wie will sie weiter Repräsentantin sein von demokratischen Bürgerinnen und Bürgern? Sie macht aus unserer Demokratie einen Scherbenhaufen.“ Haug appellierte an die Bundesregierung, zu den demokratischen Grundlagen zurückzukehren und die Bevölkerung vor Ausspähung zu schützen. Als weitere Konsequenz verlangte er die Anerkennung der Verdienste Edward Snowdens und das Schaffen souveräner rechtsstaatlicher Verhältnisse, um Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren.